Editorial
Autor: R. Tiedemann · Ausgabe 1/2016
Bestens gelaunt und offensichtlich voller Zuversicht lacht er Ihnen und uns entgegen: der Titelkünstler Januar 2016. Und Alexander Vinogradov hat allen Grund, optimistisch zu sein angesichts toller Pläne und einer Karriere, die immer weitere, größere Kreise zieht. Früh schon war uns diese vielversprechende Stimme aufgefallen, ein erstes Interview mit dem jungen Sänger konnten Sie bereits vor über elf Jahren im „Opernglas“ lesen. Noch heute erinnere ich mich gut an seinen Auftritt im Finale des Wettbewerbs „Neue Stimmen“ 1999 in Gütersloh, bei dem der Russe „nur“ einen Förderpreis erhielt. Erneut ein gutes Beispiel dafür, wie wichtig nach wie vor die Teilnahme an einem Wettbewerb ist – nicht aber unbedingt der Gewinn.
Weiter →Mit unserer Titelstory wie auch mit den drei weiteren ausführlichen Interviews dieser Ausgabe werfen wir in einem breiten Spektrum den Blick voraus auf das neue Jahr, im Falle des Bayreuther »Parsifal«-Regisseurs Uwe Eric Laufenberg auch bereits auf den kommenden Festspielsommer. Das dürfte spannend werden. Einige Entwicklungen der vergangenen Monate werden uns zweifellos auch in 2016 weiter beschäftigen; das zurückliegende Jahr hatte ja im Kulturbereich, speziell auch in der Oper einige Volten geschlagen: Gleich mehrere Intendanten und Operndirektoren verloren mit sehr unterschiedlichen, durchweg aufsehenerregenden Begründungen ihre Posten – von Oslo über London nach Valencia; Rostock drehte eine ganz besondere Pirouette mit fristloser Entlassung und Wiedereinstellung. Im Kummer gewohnten Köln scheiterte spektakulär auf der Zielgeraden die Opernhauswiedereröffnung, eine ganze Saisonplanung landete im Schredder; doch mit unbeirrbarem Willen und bewunderungswürdiger Einsatzbereitschaft wurde nun mit wahrhaft großer Oper die schnell organisierte Ersatzspielstätte eingeweiht: Jetzt erst recht! – Nur: wie lange wohl?
Nachhaltig bleiben von 2015 die Tragödien in Erinnerung mit zum Teil auch dramatisch direktem Bezug zu unserer Opernwelt. Nicht nur die beim tragischen Flugzeugabsturz ums Leben gekommenen Künstler sind unvergessen. Wiederholt mussten wir erleben, wie verletzlich, wie angreifbar unsere Welt ist, wie kurz das Glück sein kann. Und wie irrelevant viele Dinge im Rückblick erscheinen können, über die eben noch engagiert diskutiert und gestritten wurde. In 2015 gab es allerlei Aufregung, sei es über die unterhaltsame „Hügel-Verbot“-Posse in Bayreuth, die von medialen Breitseiten begleitete Wahl des künftigen Philharmoniker-Chefs in Berlin, im Produzentenbereich ein weiteres Zurechtrütteln durch wichtige Strategieentscheidungen – Pias kauft Harmonia mundi, Warner Classics übernimmt den Vertrieb von EuroArts – oder die plebiszitär abgeschmetterte deutsche Olympia-Bewerbung.
Die wirft zweifellos Fragen auf, nicht allein durch die plötzlich frei werdenden bzw. jetzt eben nicht mehr zur Verfügung stehenden Gelder – auch im Kultursektor. Die Hamburger, Urheber des Negativ-Entscheids, haben derweil immerhin noch ihr langjährig heiß umstrittenes, heiß geliebtes Leuchtturm-Projekt. Im kommenden Herbst soll die Elbphilharmonie jetzt tatsächlich fertig, die Schlüssel zur Inbetriebnahme übergeben werden. Dann würde es bis zur eigentlichen Eröffnung von nun an noch genau ein Jahr dauern. Der Startschuss zum Vorverkauf für die erste Saison wird jedenfalls schon in wenigen Monaten fallen. Wir sind gespannt!
Spannung und Vorfreude, sei es auf der Bühne und im Graben, hinter den Kulissen oder vorn in Parkett und Rängen, liegen mancherorts in der Luft, erst recht zum Jahreswechsel. Für Sie, liebe Leser, haben wir stets die Details wie auch das große Ganze im Blick, um Sie auch in diesem Jahr mit ausführlichen Berichten über alle wichtigen Ereignisse des internationalen Operngeschehens auf dem Laufenden zu halten. Ganz so, wie Sie es von uns gewohnt sind. Oder es von nun an kennenlernen werden: All jenen, die wir über das Fest und den Jahreswechsel als neue Abonnenten begrüßen durften, ein herzliches Willkommen! Und gleichzeitig ein besonderer Dank an alle treuen, aufmerksamen Leser, die – in vielen Fällen über sehr viele Jahre – unsere Arbeit so engagiert und konstruktiv kritisch verfolgen. Das motiviert sehr.
In diesem Sinne freue ich mich sehr auf die kommenden Monate und wünsche Ihnen im Namen der gesamten Redaktion ein gutes, gesundes und friedvolles neues Jahr, in dem die lichten und glücklichen Momente überwiegen mögen.